Wie hoch wird die Vorfälligkeitsentschädigung beim Immobilienkredit?

Die meisten Immobilienkäufer finanzieren ihr Haus, ihr Grundstück oder ihre Wohnung über einen Kredit, den eine Bank zweckgebunden vergeben hat. Regelmäßig sind solche Kreditverträge auf eine bestimmte Zeit hin fest abgeschlossen. Steht in diesem Zeitraum ein erneuter Immobilienverkauf an oder hat der Immobilienkäufer die günstige Gelegenheit, seinen Immobilienkredit vorzeitig ablösen zu können, steht dem hierzulande meist ein vertragliches und teures Hindernis entgegen: Die Vorfälligkeitsentschädigung. Während andere europäische Länder die vorzeitige Ablösung von Kreditverträgen rechtlich und praktisch eher unproblematisch regeln, sehen deutsche Kreditverträge in der Regel vor, dass eine solche vorzeitige Beendigung des Vertrages nicht ohne weiteres und vor allem nicht ohne Entschädigungszahlung möglich ist. Auch bei der Berechnung, einer zu Recht eingeforderten Vorfälligkeitsentschädigung, ergeben sich viele Fragen im Detail.

Muss man eine Vorfälligkeitsentschädigung beim Hausverkauf bezahlen?

Nicht nur beim Immobilienkredit, sondern bei allen Krediten gilt, dass das finanzierende Institut ein Interesse an der Einhaltung der regulären Kreditlaufzeit hat.

Die Bank verliert, bei einer vorzeitigen Beendigung des Kreditverhältnisses, in der Regel Einnahmen in Form der Zinsen. Auf diese Zinsen, die im Kreditvertrag festgeschrieben sind, möchte der Finanzier nicht verzichten.

Für den Kreditnehmer ist es hingegen günstig, wenn er bei der Rückzahlung eines Kredites möglichst frei agieren kann. So kann er einfach einen Hauskauf und einen Hausverkauf aneinanderreihen, etwa wenn ein nochmaliger beruflicher Ortswechsel ansteht. Im Falle einer Erbschaft, die ihn in die Lage versetzt, seinen Kredit vorzeitig abzulösen, würde er Geld sparen. Umschuldungen wären ohne eine Vorfälligkeitsentschädigung einfach und kostengünstig.

Der Gesetzgeber und die Richter der Zivilgerichtsbarkeit haben diesen natürlichen Widerstreit von Interessen zwischen Kreditgeber und Kreditnehmer derzeit so gelöst, dass die Bank grundsätzlich eine Vorfälligkeitsentschädigung im Kreditvertrag wirksam vereinbaren kann. Allerdings kann sie den Kreditnehmer nur auf eine gewisse Zeit binden. Es gibt weitere Ausnahmetatbestände, die eine vorzeitige Lösung und Erfüllung des Vertrages ohne Entschädigungszahlungen möglich machen.

Gibt es eine vorzeitige Vertragsbeendigung ohne Entschädigungszahlung nach 10 Jahren?

Nach § 498 Absatz 1 Nr. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) kann der Kreditnehmer den Kreditvertrag unabhängig von der vereinbarten Zinsbindungszeit nach 10 Jahren kündigen. Die Zehnjahresfrist beginnt mit dem Tag der Auszahlung der Kreditsumme. Hinzugerechnet wird eine sechsmonatige Kündigungsfrist. Bei dieser Sonderkündigung wird keine Vorfälligkeitsentschädigung fällig. Der Vertrag wird somit nach 10 Jahren und 6 Monaten kostenfrei ablösbar.

Bekommt man Sondertilgungsrechte im Vertrag beim Immobilienkredit?

Umsichtige Kreditnehmer vereinbaren im Kreditvertrag von Anfang an bestimmte Zeitpunkte, zu denen Sondertilgungen auf die Kreditsumme ohne Entschädigungszahlungen vorgenommen werden können. Wer schon bei Abschluss des Kreditvertrages weiß, dass er in absehbarer Zeit über entsprechende finanzielle Mittel zur Teil- oder Vollablösung des Kredites verfügen wird, verhandelt mit der Bank in diese Richtung. Hier kommt es auf das individuelle Verhandlungsgeschick an. Unter Umständen verlangt das finanzierende Institut höhere Zinsen, je mehr Sondertilgungen vertraglich möglich sind.

Was passiert bei fehlender oder falscher Widerrufsbelehrung im Kreditvertrag?

Das Thema Widerrufsbelehrung bei Kredit- und Versicherungsverträgen hat in den letzten Jahren die deutschen Zivilgerichte beschäftigt. Im Fokus der Problematik stand dabei die Frage, ob ein Kreditnehmer (als Verbraucher) beim Abschluss eines entsprechenden Kreditvertrages ein Widerrufsrecht hat und über dieses Widerrufsrecht ordnungsgemäß schriftlich belehrt werden muss. Die zunächst streitige Rechtsfrage wurde zugunsten von Kredit- und Versicherungsnehmern mit der Maßgabe, dass sie beim Abschluss des Vertrages zum Widerrufsrecht in bestimmter Form schriftlich zu belehren sind, entschieden. Fehlt diese Widerrufsbelehrung oder erfolgte sie nicht formgerecht, kann der Vertrag auch ohne Vorfälligkeitsentschädigung gelöst werden. Viele Altverträge aus den späten 1990er Jahren enthalten keine oder falsche Widerrufsbelehrungen. Es lohnt sich bei diesen Verträgen daher immer, diese durch einen kompetenten Rechtsanwalt prüfen zu lassen, wenn es um das Thema entschädigungsfreie Kreditablösung geht.



Kann man eine Übertragung des Kreditvertrages mit der Bank vereinbaren?

Eine Ablösung des Kreditvertrages ohne Vorfälligkeitsentschädigung gelingt in der Regel auch dann, wenn während der Laufzeit des Kredites beim Immobilienverkauf der Käufer die Finanzierung komplett übernimmt und als neuer Schuldner in den Vertrag aufgenommen wird. Voraussetzung ist in diesem Fall, dass die Bank den neuen Schuldner akzeptiert und der Übertragung zustimmt.

Wie hoch ist die Entschädigungszahlung bei Kündigung des Immobilienkredites mit berechtigtem Interesse?

In vielen Fällen findet keiner der genannten Ausnahmetatbestände für das Wegfallen der Vorfälligkeitsentschädigung Anwendung. Eine vorzeitige Kündigung und Ablösung des Kreditvertrages sind dann nach § 490 Abs. 2 Satz 3 BGB für den Kreditnehmer nur möglich, wenn er ein berechtigtes Interesse an der außerordentlichen Kündigung hat.

Das ist zum Beispiel der Fall, wenn ein Hausverkauf ansteht. Die Gründe für diesen Immobilienverkauf können dabei auch im privaten Bereich angesiedelt sein. Typischerweise berechtigen etwa Ehescheidungen mit Aufteilung der ehelichen Güter oder der Umzug aus beruflichen Gründen zu einer vorzeitigen Vertragslösung im Kontext mit Verkauf der Immobilie.

Wie erfolgt die Berechnung der Entschädigungszahlung beim Hausverkauf und Ablösen des Kredites?

Vorfälligkeitsentschädigungen werden nicht mit ein- und der derselben Methode berechnet, da der Gesetzgeber hierzu keine explizite Regelung getroffen hat. Höchstrichterliche Leitlinien gewähren der Bank einen großen Spielraum bei der Berechnung, gehen aber im Wesentlichen von zwei grundlegenden Berechnungsmethoden aus:

Die Aktiv-Aktiv Methode

Die an sich für den Kreditnehmer günstige Berechnungsart wird von den Banken meist gemieden und kommt kaum zur Anwendung. Hier werden die entgangenen Zinserträge zu den Erträgen in Beziehung gesetzt, die bei einer Ersatzfinanzierung entstehen. Bei einem sogenannten Zinsverschlechterungsschaden, darf die Bank, bei einem Ersatzdarlehen, anfallende, niedrigere Zinsen geltend machen.

Die Aktiv-Passiv Methode

Hier werden die vereinbarten Zinsen mit den Zinsen verglichen, die bei einem neuerlichen Vertragsschluss entstehen würden. Ein möglicher Differenzbetrag bildet gleichermaßen den Betrag der Entschädigungszahlung.

Eine rechtliche Prüfung ist vor jeder vorzeitigen Vertragslösung sinnvoll.

Aufgrund der Komplexität und der möglichen rechtlichen Varianten beim Thema Vorfälligkeitsentschädigung ist es empfehlenswert, vor der vorzeitigen Kündigung und Ablösung eines Kreditvertrages das individuelle Vertragswerk rechtsanwaltlich prüfen zu lassen. So lässt sich in manchen Fällen eine Entschädigungszahlung vermeiden. Auch die typische Intransparenz der Berechnung einer Zahlungsforderung, wegen Vorfälligkeit, macht den Besuch beim Rechtsanwalt fast obligatorisch, um keine nicht berechtigten Verluste beim Kreditnehmer zu riskieren.


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