Wer ein Haus bauen möchte, muss nicht zwangsläufig auch Eigentümer des Grundstücks sein. In vielen Regionen Deutschlands haben sich historisch grundstücksähnliche Rechte herausgebildet, die Nutzung und Eigentum an Grundstücken zeitweise oder dauerhaft voneinander trennen. Bekannt und heute noch im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) sowie speziell in dem Gesetz über das Erbbaurecht (ErbbauRG) erlaubt, sind Erbbaurechte. Hier pachtet der Hausbauer das Baugrundstück und errichtet sein Haus auf dem Pachtgrundstück. Maximal wird das Grundstück für eine Laufzeit von 99 Jahren verpachtet. Obwohl umgangssprachlich Erbbaurechte häufig auch als Erbpacht bezeichnet werden, handelt es sich um sehr unterschiedliche rechtliche Konstruktionen. Die Erbpacht ist nach deutschem Recht nicht mehr zulässig. Sie entstammte dem Lehnswesen und bezog sich primär auf landwirtschaftlich genutzte Flächen. Das Eigentumsrecht und das Nutzungsrecht für Grundstücke wurden dabei dauerhaft rechtlich getrennt.
Wer sich für einen Erbbaurechtsvertrag entscheidet, sollte sowohl als Grundstückseigentümer, wie auch als Erbbauberechtigter die Vor- und Nachteile des rechtlichen Konstrukts kennen. Das gilt speziell im Kontext mit einem später vorgesehenen Immobilienverkauf und für die Bedingungen am Ende der Pachtzeit.
Oftmals wird immer von der Erbpacht gesprochen oder dem Erbpachtgrundstück. Im Gesetz ist aber das Erbbaurechtsgrundstück gemeint und der Erbbaurechtsgeber. Wenn Sie also das Wort Erbpacht lesen, ist immer vom Erbbaurecht die Rede!
Ein Erbbaurechtsvertrag erfasst eine Vielzahl von Regelungen:
Für die Ausarbeitung eines Erbbaurechtsvertrages ist eine anwaltliche Beratung sehr empfehlenswert!
Rechtliche Grundlage ist ein entsprechender Vertrag zwischen dem Grundstückseigentümer (Dominus Soli) und dem Erbbauberechtigten (Superficarius). Das Rechtsgeschäft wird in der Folge ins Grundbuch eingetragen, denn das Gesetz behandelt Erbbaurechte wie Grundstücke. Folgerichtig muss der Vertrag, wie bei einem Kaufvertrag über ein Grundstück von einem Notar beurkundet werden. Grundbuchrechtlich werden Erbbaurechtsverträge in zwei Grundbücher eingetragen.
In dem Grundstücksgrundbuch erscheinen Erbbaurechte auf dem ersten Rang in Abteilung II. In einem Erbbaurechtsgrundbuch, welches nach Abschluss des Vertrages gesondert angelegt wird, erscheint der Erbbauberechtigte in Abteilung I, während in Abteilung II der Erbbauzins und gegebenenfalls weitere Recht und Belastungen verzeichnet sind. Grundpfandrechte werden in Abteilung III erfasst. Grundsätzlich ist das Erbbaugrundbuch wie andere Grundbücher aufgebaut.
Während der Laufzeit des Erbbaurechtsvertrages ist der Erbbauberechtigte Eigentümer des Hauses, während der Grundstückseigentümer weiterhin Eigentum an dem Grundstück hält. Wenn der Erbbaurechtsvertrag zeitlich ausgelaufen ist oder aber der Grundstückseigentümer, wegen gravierender Vertragsverletzungen des Erbbauberechtigten die Rückübertragung des Erbbaurechts verlangt (Heimfall), dann fällt das Bauwerk als wesentlicher Bestandteil des Grundstücks an den Grundstückeigentümer. Der Erbbauberechtigte hat einen Anspruch auf eine Entschädigung in Höhe von meistens 2/3 des allgemeinen Gebäudewertes (je nach Vertrag). Während der Laufzeit des Erbbaurechtsvertrages kann der Erbbauberechtigte grundsätzlich vieles tun, was ein Grundstückseigentümer auch kann:
- Er kann das Erbbaurecht verkaufen.
- Er kann es mit Grundpfandrechten und anderen Rechten belasten.
- Er kann es vererben.
Grenzen finden diese Rechte in den Regelungen des entsprechenden Erbbaurechtsvertrages. Meist behält sich der Grundstückseigentümer bestimmte Zustimmungsrechte vor.
Er will entscheiden können, mit welchem Vertragspartner er dauerhaft verbunden ist. Vom Gesetz her sind diese Zustimmungserfordernisse allerdings nicht schrankenlos vereinbar, da der Charakter des Erbbaurechts als grundstücksgleiches Recht erhalten werden soll. Dieser spezielle grundstücksähnliche Charakter zeigt sich auch daran, dass Immobilienmakler bei der Vermittlung eines Hauses mit Erbbaurecht unter weiteren, entsprechenden Umständen einen Anspruch auf eine Makler Courtage verwirklichen. Ferner ist die Bestellung des Erbbaurechts grunderwerbsteuerpflichtig. Gleiches gilt für die Übertragung eines solches Rechtes.
Der Erbbauzins (Solarium) ist grundsätzlich frei verhandelbar. Regelmäßig gehen die Vertragsparteien von 3 % bis 5 % des Grundstückswertes jährlich aus. Üblich ist die Vereinbarung einer Wertsicherungsklausel, um den Erbbauzins im Laufe der Jahre an die allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse anpassen zu können.
Man orientiert sich hier bevorzugt an Indizes wie dem Verbraucherpreisindex. Zuweilen wird diesen Indizes in der Rechtsprechung wegen ihrer Konzentration auf die Inflationswerte die Eignung abgesprochen, eine sachgerechte Anpassung an wirtschaftliche Verhältnisse rechtfertigen zu können. Dann gehen die Gerichte gern den Weg der ergänzenden Vertragsauslegung oder nehmen einen Wegfall der Geschäftsgrundlage an, um Anpassungen nach oben oder nach unten zu erreichen. Über die Anpassung an die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung darf eine Erhöhung des Erbbauzinses nicht hinausgehen, § 9a ErbbauRG sieht hier die Kappungsgrenze für Anpassungen.
Der Erbbauberechtigte erwirbt Eigentum am Bauwerk und an eine grundstücksähnliche Stellung in Bezug auf die Nutzung des Grundstücks. Er hat diese Rechte auf lange Zeit, er kann sie vererben und so für weitere Generationen planen. Der Finanzierungsaufwand hält sich im Vergleich zum Grundstückskauf in Grenzen und ist ebenfalls gut planbar.
Vorteile des Dominus Soli
Besonders Kirchen, Gemeinden und Stiftungen sehen in Erbbaurechten Vorteile. Große Güter werden so nicht zerschnitten und zergliedert, sondern als Gesamtheit in voller Größe erhalten. Mit dem Erbbauzins ergeben sich dauerhafte, planbare und regelmäßige Einkünfte für das vorhandene Grundvermögen. Darüber hinaus kann der Erbbauzins in Form einer Reallast dinglich abgesichert werden, was das finanzielle Risiko minimiert.
Möglicherweise möchten Erbbauberechtigte nach fast 100 Jahren Besitz des Grundstücks in einer Familie dieses erwerben. Eine Verpflichtung zum Verkauf durch den Grundstückseigentümer gibt es nicht, nach 99 Jahren kann ein und dasselbe Recht auch nicht verlängert werden. Insgesamt ist oft das Vertragsende die Krux für den Erbbauberechtigten, weil es - obwohl vorhersehbar - aus persönlichen Gründen oft zur Unzeit kommt. Das kann etwa der Fall sein, wenn der Erbbauberechtigte sehr alt ist und mit den erforderlichen Abwicklungen des Erbbaurechts überfordert ist.
Man kann ein Vorkaufsrecht für den Fall vereinbaren, dass der Eigentümer das Grundstück verkauft. Dies löst jedoch nicht alle möglichen Probleme des Erbbauberechtigten. Auf der anderen Seite können sich für den Grundstückseigentümer langwerige und aufwendige Rechtsstreitigkeiten ergeben, wenn er an unlautere und unseriöse Vertragspartner gerät.
Dies kann etwa der Fall sein, wenn Erbbauberechtigte das Grundstück und Gebäude verwahrlosen lassen und ihre weiteren Pflichten verletzen. Rechtlich ist der Grundstückeigentümer dann zwar auf der sicheren Seite, jedoch erfordert es möglicherweise einen hohen praktischen und finanziellen Aufwand, das vergebene Recht zurückzuerlangen und die unliebsamen Erbbauberechtigten aus der Immobilie zu klagen. Die Stellung des Eigentümers ist an dieser Stelle ganz ähnlich dem eines Vermieters. Stimmt das Verhältnis der Vertragsparteien nicht, kann es auch für den Erbbauberechtigten sehr belastend werden, sein Haus auf fremden Grund errichtet zu haben. Ein Erbbaurechtsvertrag sollte also wohl überlegt sein.
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